Handwerker aufgepasst: Warum der Stundenlohn ein verlockender aber trügerischer Pfad ist
Wer nur nach Stunden abrechnet, unterschätzt seine wahren Kosten – und verschenkt Gewinn. Der Stundenlohn wirkt zwar nachvollziehbar, ist aber für viele Handwerkerbetriebe ein trügerischer Kompass. Erfolgreiche Unternehmer setzen auf Vollkostenkalkulation und transparente Pauschalpreise.
Viele Handwerker und kleine Betriebe orientieren sich beim Start an einem scheinbar marktgerechten Stundenlohn. Doch hinter der Zahl von CHF 80 oder CHF 95 pro Stunde steckt oft ein gefährliches Missverständnis: Der Stundenansatz sagt nichts über den wirtschaftlichen Erfolg aus. Wer langfristig bestehen will, muss ganzheitlicher denken – und rechnen.
Was der Stundenlohn wirklich verdeckt
Ein Stundensatz suggeriert Klarheit, Transparenz und Fairness. Doch das Gegenteil ist der Fall:
- Er berücksichtigt keine Pausen, Vorbereitungszeiten, Fahrtwege oder Materialbeschaffung.
- Er deckt nicht die Gemeinkosten ab: Büro, IT, Fahrzeug, Versicherungen, Weiterbildung etc.
- Er führt zu Konflikten mit Kunden, die den Aufwand schlecht nachvollziehen können.
Was wie ein fairer Deal erscheint, wird schnell zur Falle – für Handwerker ebenso wie für Kunden.
Die Illusion der vollen Auslastung
Viele kalkulieren mit 40 oder sogar 50 bezahlten Arbeitsstunden pro Woche. Doch das ist unrealistisch. Fakt ist:
- Verkaufbare Stunden pro Jahr liegen meist zwischen 1300 und 1600 – je nach Branche.
- Fehlzeiten, Büroarbeit, Kundenkontakte, Angebotslegung und Einkauf reduzieren die abrechenbare Zeit drastisch.
- Effektive Arbeitszeit am Kunden macht selten mehr als 60 % des Gesamtvolumens aus.
Wer also mit einem tiefen Stundenansatz kalkuliert, ohne diesen Puffer zu berücksichtigen, läuft schnell ins Minus.
Kundenverständnis fehlt oft
Stundensätze wirken auf Laien teuer. Was intern als nötig kalkuliert ist, wird extern oft als Wucher empfunden:
- CHF 95/h klingt nach Luxus – dabei bleiben netto davon oft weniger als CHF 30.
- Ohne Erläuterung verstehen Kunden nicht, warum Materialbeschaffung oder Anfahrt verrechnet wird.
- Stundenbasierte Rechnungen führen häufig zu Rückfragen und Diskussionen – besonders wenn der Aufwand unterschätzt wurde.
Wer hingegen mit Pauschalen arbeitet, schafft von Anfang an Klarheit und Vertrauen.
Die bessere Alternative: Pauschalen
Eine Pauschale pro Leistung oder Projekt hat viele Vorteile:
- Kunden wissen vorab, was sie zahlen – unabhängig vom Aufwand im Detail.
- Handwerker werden für ihre Effizienz belohnt: schneller = rentabler.
- Es entsteht kein Gefühl von „Zeitdruck“ beim Kunden – das steigert die Zufriedenheit.
Typische Beispiele für pauschalierbare Leistungen:
- Küche streichen inkl. Abdecken, Material und Reinigung: CHF 780
- Spülkasten tauschen inkl. Anfahrt: CHF 240
- Parkett nachschleifen pro m²: CHF 39
Wie du deinen Vollkostensatz berechnest
Pauschalen funktionieren nur, wenn die Kalkulation stimmt. So gehst du vor:
- Ermittle deine Jahreskosten: Löhne, Miete, Strom, Software, Fahrzeug, Buchhaltung etc.
- Lege einen Unternehmerlohn fest – dein Einkommen muss mitgerechnet werden.
- Schätze realistisch deine verkaufbaren Stunden im Jahr (z. B. 1500).
- Teile die Gesamtkosten durch die verrechenbaren Stunden – das ergibt deinen Mindest-Vollkostensatz.
- Füge deine Gewinnmarge hinzu (mind. 10–15 %).
Beispiel: CHF 150’000 Jahreskosten / 1500 Stunden = CHF 100. Mit 15 % Marge: CHF 115.
Vorsicht bei Mischkalkulation
Ein häufiger Fehler ist, Pauschalen zu tief anzusetzen – in der Hoffnung auf Folgeaufträge. Doch:
- Zu günstige Preise drücken den gesamten Markt.
- Kunden gewöhnen sich schnell an Tiefpreise – und wollen diese auch beim nächsten Mal.
- Fehlt die Marge, bleibt kein Puffer für Rückschläge oder Investitionen.
Auch bei Stammkunden sollte man realistisch kalkulieren. Gute Arbeit wird empfohlen – aber nur, wenn auch das Geschäft gesund bleibt.
Fazit: Vom Stundenlohn zur Selbstbestimmung
Der Stundenlohn ist kein Feind – aber ein schlechter Berater. Er suggeriert Kontrolle, vernebelt aber die wirklichen Zahlen. Wer seine Arbeit wertschätzt, muss sie auch entsprechend berechnen:
- Mit Pauschalen kommunizierst du professionell.
- Mit Vollkostensätzen sicherst du deine Existenz.
- Mit Transparenz schaffst du Vertrauen.
Der Irrweg des Stundenlohns endet dort, wo du beginnst, deine Leistung als Ganzes zu betrachten – und dich nicht länger unter Wert zu verkaufen.
Quelle: handwerker24.ch/-Redaktion
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