Fachkräftemangel im Handwerk – wie Betriebe erfolgreich Nachwuchs gewinnen

Fachbetriebe stehen vor der grössten Herausforderung seit Jahrzehnten. Nachwuchsstrategien sichern Fachkräfte und Zukunft.

Der Fachkräftemangel ist längst Realität in allen Gewerken. Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, ältere Mitarbeitende treten in den Ruhestand, und zu wenige Jugendliche entscheiden sich für eine Lehre. Wer jetzt strategisch handelt, kann den Status quo nicht nur überstehen, sondern eigenes Wachstum sichern und Marktchancen nutzen.

Analyse der Ausgangslage



In vielen Regionen fehlen Fachkräfte in Bereichen wie Spengler‑, Sanitär‑, Elektro‑ oder Schreinerhandwerk. Laut Branchenverbänden ist jedes dritte Lehrlingsverhältnis vakant, 40 % der Handwerksbetriebe melden Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen. Gründe sind tiefgreifender Wandel: Jugendliche orientieren sich stärker Richtung Studium sowie digitale Berufsformen – Handwerk wird oft nicht mehr als erste Wahl wahrgenommen.

Ausbildungsbetriebe müssen verstehen, wer zur Zielgruppe gehört: Jugendliche mit Berufswunsch, Quereinsteiger, Flüchtlinge oder Umschülerinnen. Unterschiedliche Zielgruppen erfordern variierte Ansätze zur Ansprache, Betreuung und Integration.


Tipp: Analyse vorhandener Bewerberdaten zeigt, über welche Kanäle geeignete Kandidatinnen am besten erreicht werden – lokale Schulen, soziale Medien oder Infoveranstaltungen.

Imagearbeit – Handwerk attraktiv machen

Betriebe müssen Handwerk neu positionieren – als zukunftsfähige, digital unterstützte Tätigkeit mit Sinn, Kreativität und Aufstiegschancen. Authentische Darstellung über:

  • Instagram‑ und TikTok‑Einblicke in den Alltag
  • Erfolgsstories von ehemaligen Lehrlingen
  • Tag der offenen Tür oder Schnuppertage
  • Partnerschaften mit Berufenstagen an Gymnasien und Sekundarschulen

Eine gezielte Kampagne kombiniert Social Media, lokalen Pressebeitrag und Präsenz an Bildungsveranstaltungen – das stärkt das Image nachhaltig.


Tipp: Ein Azubi‑Takeover auf Social Media – 24 Stunden Einblick in Ausbildung – wirkt authentisch und greifbar.

Ausbildung innovativ und modern gestalten

Ausbildung ist mehr als Vermittlung technischer Fähigkeiten. Betriebe können attraktive Rahmenbedingungen schaffen:

  • Digitale Tools im Alltag integrieren (z. B. Tablet statt Papier)
  • Modulare Ausbildung mit Zwischenzertifikaten
  • Mentoringprogramm durch ältere Fachkräfte
  • Gezielte Förderung von Soft Skills – Kommunikation und Teamarbeit

Tipp: Kurze Social‑Media‑Schulungen schaffen digitale Basiskenntnisse bei Auszubildenden – nützlich für interne Kommunikation und Aussenwirkung.

Zukunftsorientierte Betriebe verknüpfen klassische Technik mit digitaler Unterstützung – so wirkt das Handwerk zeitgemäss und ansprechend.



Kooperation mit Schulen und Bildungspartnern

Frühzeitige Kooperationen mit Schulen ermöglichen direkten Zugang zu Jugendlichen:

  • Schnuppertage auf der Baustelle
  • Praktikumsblöcke in Schule (z. B. 1Tag/Woche über mehrere Monate)
  • Schulprojektarbeiten im Partnerbetrieb
  • Gastreferate durch Ausbilderinnen in Klassen

Solche Kontakte schaffen Vertrauen und zeigen Handwerk als berufliche Möglichkeit – frühzeitiger Kontakt erhöht die Abschlussquote stark.


Tipp: Eine jährliche Projektwoche „Mein Tag im Handwerk“ generiert Begeisterung – und ist günstiger als spätere Rekrutierungskosten.

Attraktive Ausbildungsbedingungen bieten

Wichtig ist, dass sich Ausbildung auch finanziell lohnt. Neben regulärer Lehrlingsentschädigung gelten:

  • Zusätzliches Ferienbudget oder Bildungstage
  • Sport- oder Kulturangebote (z. B. Fitnesszuschuss)
  • Ausstattung mit persönlicher Schutzausrüstung und digitalem Arbeitsgerät
  • Feierliche Übergabe mit Zeugnis, Abschied und Perspektive

Auch Mitspracherecht bei Arbeitsprojekten motiviert – ein Lehrling, der eigene Verantwortung trägt, lernt stark und bleibt langfristig erhalten.


Tipp: Ein Budget für Team‑Events stärkt das Gemeinschaftsgefühl und erhöht Identifikation mit dem Betrieb.

Fördermöglichkeiten und finanzielle Unterstützung

Zahlreiche Förderprogramme unterstützen Ausbildung:

  • Kantonale Zuschüsse für Lehrstellenbesetzung
  • Betriebliche Kooperationen mit Berufsschulen
  • Förderbeiträge für zusätzliche Bildungstage
  • Unterstützung von Ausbildungs-GmbH oder regionalen Verbänden

Eine gezielte Förderung entlastet Betriebskosten und signalisiert Wertschätzung für die Ausbildung.

Integration und Vielfalt als Chance

Vielfalt im Team stärkt Betriebsklima und Innovationskraft. Ausländische Jugendliche, Quereinsteigerinnen oder Menschen mit besonderen Fähigkeiten bringen neue Perspektiven.

Neue Mitarbeitende wachsen in klare Strukturen ein – mit Patensystem, wöchentlichen Feedbackrunden und beruflicher Förderung.

Eine offene Kultur fasst dasselbe Ziel wie klare Regeln – Ausbildung gelingt besser und bleibt nachhaltig.


Tipp: Ein Mentor‑Mentee‑Programm fördert sowohl Führungskompetenz bei älteren Fachkräften als auch Motivation bei jungen Talenten.

Digitalisierung im Betrieb fördern

Digitale Werkzeuge – Tablet, Cloud, Building Information Modeling (BIM) – erleichtern Alltag und wirken attraktiv für digitalaffine Jugendliche. Wenn Azubis Apps nutzen, sehen sie Handwerk als zukunftsfähig.

Zudem kann das digitale Angebot als Marketinginstrument genutzt werden – Bilder oder Clips von Baustellenarbeit zeigen moderne Technik und inspirieren.

Standortvorteil nutzen – Regionale Nähe stärken

Betriebe im ländlichen Raum punkten mit kurzen Wegen, stabilen Teams und nachhaltigem Arbeitsplatz. Das kann in der Kommunikation hervorgehoben werden – z. B. mit dem Claim „Heimatbetrieb mit Zukunft“.

Kooperation mit regionalen Vereinen oder Schulen unterstreicht Verbundenheit zum Umfeld – Jugendliche fühlen sich eher dort wohl, wo sie Know-how aus der Region erfahren.

Erfolgskontrolle und stetige Anpassung

Effektive Nachwuchsstrategie wird gemessen:

  • Anzahl qualifizierter Bewerbungen pro Kanal
  • Anzahl abgeschlossener Lehrverträge im Verhältnis zu Ziel
  • Zufriedenheit der Auszubildenden (Survey oder Gespräch)
  • Ausfallrate und Übernahmequote nach Abschluss

Wesentlicher Schlüssel ist die kontinuierliche Optimierung – denn was heute wirkt, ist morgen möglicherweise veraltet.

Praxisbeispiele erfolgreicher Betriebe

  • Betrieb A (Zentralschweiz): Ausbildungskampagne mit Film-Clip, Schulbesuchen und jährlichem Lehrlingsfest führte zu 25 % mehr Bewerbungen.
  • Betrieb B (Nordwestschweiz): Mentor-Programm mit Bonuszahlung bei guter Abschlussquote – alle Lehrlinge blieben im Betrieb.
  • Betrieb C (Ostschweiz): Kooperation mit Ausserschulischen Lernorten & kultursensitive Betreuung – Fachkräftequote erhöhte sich um 40 %.

Fazit – Nachwuchs braucht Strategie und Engagement

Dem Fachkräftemangel im Handwerk lässt sich aktiv entgegenwirken. Wer in Imagearbeit, Ausbildungskultur und Förderstrategien investiert, sichert sich nicht nur Nachwuchs – sondern gestaltet mit langfristig motivierten Fachkräften erfolgreich die Zukunft. Die Kombination aus regionaler Verankerung, digitaler Infrastruktur und persönlicher Entwicklung macht Handwerksbetriebe attraktiv für die nächste Generation – und stabil für kommende Jahre.

 

Quelle: handwerker24.ch-Redaktion
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